Bundestag beschließt Selbstbestimmungsgesetz
Am 12. April 2024 hat der Bundestag mit deutlicher Mehrheit das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG) ("Selbstbestimmungsgesetz") beschlossen, das das seit 1981 geltende TSG ablöst. Das SBGG tritt schrittweise bis zum 1. November 2024 in Kraft. Bereits ab dem 1. August 2024 kann die Erklärung zur Änderung von Geschlechtseintrag/ Vornamen mündlich oder schriftlich beim zuständigen Standesamt angemeldet werden.
Das SBGG sieht ausschließlich die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen vor.
Ihr möchtet mehr zum Hintergrund wissen? Die am 12.4. verabschiedete Gesetzesvorlage einschließlich damit verbundener Änderungen
- des Paßgesetzes
- des Bundesmeldegesetzes
- des Personenstandsgesetzes
- weiterer verbundener Gesetze und Verordnungen
Welches Standesamt ist nach dem SBGG zuständig?
Zuständigkeit und Ablauf regelt § 45 Absatz 2 PStG-E in der am 12.4.2024 verabschiedeten Fassung (dort Seite 20):
Persönliches Erscheinen:
- Die Erklärungen sind persönlich vor dem
Standesbeamten abzugeben und von diesem zu beurkunden.
Bei Deutschen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland kann eine deutsche Auslandsvertretung die
Erklärung öffentlich beglaubigen und an das zuständige Standesamt übermitteln. Ist die
Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters erforderlich, so gilt das auch für dessen Erklärung. Wird
die Erklärung für eine minderjährige Person abgegeben, die geschäftsunfähig ist oder das
14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, muss auch die minderjährige Person anwesend sein.
Die Anmeldung (3 - 6 Monate vor der Erklärung zur Änderung des Geschlechtseintrags/ der Vornamen) kann dagegen auch schriftlich erfolgen.
Zuständigkeiten:
- Für die Entgegennahme von Erklärungen nach § 2 SBGG (Geschlechtseintrag/ Vornamen) sowie der
Anmeldung dieser Erkärungen ist das
Standesamt zuständig, das das Geburtenregister für die betroffene
Person, deren Geschlechtseintrag und Vornamen geändert werden sollen, führt.
Ist die Geburt nicht in einem deutschen Geburtenregister beurkundet,
- so ist das Standesamt zuständig, das das Eheregister oder Lebenspartnerschaftsregister der Person führt.
- Ergibt sich danach keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt zuständig, in dessen Zuständigkeitsbereich die Person ihren Wohnsitz hat oder zuletzt hatte oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat.
- Ergibt sich auch danach keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt I in Berlin zuständig.
- Für die Entgegennahme von Erklärungen nach § 11 Absatz 1 Satz 2 SBGG (Eintrag des früheren Geschlechtseintrags bei Kindsgeburt) ist das Standesamt zuständig, welches die Geburt des jeweiligen Kindes der betroffenen Person zu beurkunden hat.
Muss ich persönlich zum zuständigen Standesamt fahren?
Nein, das lokale Standesamt kann die Erklärung entgegennehmen und weiterleiten. In dem Fall musst Du beim lokalen Standesamt persönlich erscheinen.
Darf die Anzahl der Vornamen bei der Vornamensänderung geändert werden?
Ja! Das hat das Bundesinnenministerium mit dem rechts verknüpften Schreiben vom 14.08.2024 klargestellt. Wer durch das Standesamt im Rahmen der Anmeldung der Vornamensänderung zur Beibehaltung der Anzahl der Vornamen verleitet worden ist, sollte sich erneut an das Standesamt wenden. Bitte beachtet bei der erneuten Kontaktaufnahme, dass das Standesamt vorher nicht willkürlich, sondern auf Basis einer anders lautenden Richtlinie entschieden hatte. Weitere Details auf https://asheyblob.wixsite.com/.
Weitere Hinweise und FAQ zum SBGG
Ein Bündnis aus engagierten Einzelpersonen, verschiedenen Verbänden und Organisationen, u.a. Bundesverband Trans*, Deutsche Gesellschaft für Trans*- und Inter*geschlechtlichkeit, Sonntagsclub e.V., MinaS und dem LSVD hat eine Webseite mit Informationen über das Selbstbestimmungsgesetz veröffentlicht: https://sbgg.info/
Nur noch für kurze Zeit:
Das TSG
Seit 1980 gibt es das Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen (Transsexuellengesetz - TSG), das die Vornamensänderung und die Personenstandsänderung regelt. Es regelt nicht mehr und nicht weniger als diese zwei Dinge. Das TSG wird zum 1. November 2024 durch das SBGG abgelöst. Zu diesem Zeitpunkt anhängige Verfahren nach dem TSG werden nach dem TSG weitergeführt.
Zum TSG und seinen Folgen sind über die Jahre hinweg einige bis zuletzt wichtige Urteile gesprochen worden, deren Intention sich zum Teil im SBGG wiederfindet. Wir fassen hier einige zusammen:
- Anrede nach Vornamensänderung:
Bundesverfassungsgericht - 2 BvR 1833/95 - - Zeugnisänderung:
Landesarbeitsgericht Hamm - 4 Sa 1337/98 - - Änderung des Handelsregistereintrags nach Vornamensänderung:
Oberlandesgericht Schleswig - Az. 2 W 25/14 - vom 17.04.2014
(beleuchtet auch Änderung des Grundbucheintrages und zeigt alternative Handlungsmöglichkeiten auf;
lässt Rechtsbeschwerde beim BGH zu) - Vornamens- und Personenstandsänderung unter den gleichen Voraussetzungen:
Bundesverfassungsgericht - 1 BvR 2027/11 - - auch unter dem SBGG relevant:
keine Beitragsanpassung in der Privaten Krankenversicherung nach Personenstandsänderung:
Bundesgerichtshof - IV ZR 1/11 -
Referenzen auf diese Urteile und frühere Fassungen des TSG, auf die sich diese Urteile z. T. beziehen, findet Ihr in der mit Anmerkungen versehenen Darstellung des TSG auf buzer.de. Das Bundesverfassungsgericht hat die Begündungen seiner Entscheidungen zum TSG seit 2005 in Form ausführlicher Presseerklärungen und anderer Publikationen veröffentlicht.